Auch das Frankfurter Messegelände kehrt zur Normalität zurück. In diesem Fall in Form der Konsumgütermesse „Ambiente“. Für unsere Kolumnistin Uta Kurz endlich wieder eine gute Gelegenheit, mit allen Sinnen auf Entdeckungsreise zu gehen und sich von Neuheiten inspirieren zu lassen. Anfang Februar begeisterte die Messe mit kommenden Lifestyle-Trends. Im Zentrum stand ein klares Bekenntnis zum Topthema Nachhaltigkeit. Viele Hersteller dokumentierten mit sehr emotionalen Präsentationen die zunehmende Verschmelzung der Lebenswelten Wohnen, Einrichten und Dekorieren. Das Rahmenprogramm sorgte für wertvolle Inspirationen und umsetzbare Ideen zu aktuellen Themen wie Nachhaltigkeit, New Work, Design, Lifestyle und Future Retail. Unter dem Motto „Home of Consumer Goods“ feierten mehr als 170 Nationen die persönliche Begegnung. Neben internationalen Vorträgen und Designerinnen und Designern zeigten auch verheißungsvolle Nachwuchstalente neue Impulse.
Räume sollen dem Menschen dienen und gute Gefühle verschenken. Vielleicht liegen deshalb organische Formen, die harmonische Farbstimmung von Weiß bis Sand und helle, unbehandelte Echtholz-Möbel voll im Trend. Das Zusammenspiel von Dekoration, Tischkultur und Interior erfüllt die Sehnsucht nach einer sinnvollen, natürlicheren Lebensweise. Zuhause soll es nicht nur heimelig sein, sondern auch politisch korrekt. Immer mehr Konsumenten möchten auf das Wohnen mit Kunststoffen und Lacken verzichten, um die schädlichen Folgen für die Natur bei ihrer Kaufentscheidung so gering wie möglich zu halten.
Deshalb erhalten Produkte, die bei der Produktion nur sehr wenig CO2 Emissionen erzeugen, einen besonderen Wert. Kunsthandwerk und Selbstgemachtes boomen. Auch Keramik-Hersteller wie zum Beispiel Asa experimentieren mit der Wiederverwendung von Abfall aus der Prozesskette und reduzieren damit den Verbrauch wertvoller Ressourcen. Die Verwendung heimischer Hölzer und matter Oberflächen wird zum Markenzeichen für ein nachhaltiges Leben. Auch kleine Fehler, unperfekte Optik oder uneinheitliche Muster fallen heute nicht mehr durchs Raster der Endkontrolle, sondern werden im Sinne der individuellen Einzigartigkeit begrüßt.
„Erwarte Alles, auch das Schöne“ sagte neulich eine Freundin zu mir. Und erst da habe ich gemerkt, wie gerne wir uns an den negativen Aspekten des Neuen festhalten. Bei der Nachhaltigkeit ist das Ähnlich, es wird viel geredet über Verzicht und persönliche Einschränkungen. Die Ambiente Trends 23+ zeigen, dass veränderte Gewohnheiten auch inspirierend und erfrischend sein können. Wer sagt denn, dass es immer der Einkaufsbeutel in Juteoptik sein muss, wenn Taschen beim Einkaufen nicht mehr kostenlos ausgegeben werden?
Diese einmalige Falttasche in wolkiger Naturfarbe-Optik beweist, dass Einkaufstaschen auch zum Hingucker werden können und sich mit der Plisse´-Funktion im Stoff nach dem Gebrauch wieder wunderbar einfach zusammenlegen lassen. Überhaupt ist die neue Farbigkeit der Produkte ein echter Gewinn. Die Tatsache, dass aus Naturfarben und mit recyclierten Materialien keine rein Weißen oder zu 100 Prozent homogenen Oberflächen entstehen können, wird zum überraschenden Gestaltungselement, der dem Alltag ein freundliches Lächeln schenkt.
Die Natur kennt keinen Abfall, denn jedes Leben dient dem universalen Kreislauf. Während sich im Kleinen alles ständig verändert, herrscht im Großen ein ständiges Gleichgewicht. Alle Stoffe, die das Leben auf unserer Erde ausmachen, sind in der immer gleichen Menge vorhanden. So ist zum Beispiel das Wasser oder die Luft über die Jahrmillionen nicht etwa mehr oder weniger geworden. Die Bausteine des Lebens haben sich nur einfach immer wieder anders verbunden, um sich den ständig veränderten Lebensbedingungen anzupassen. Auch die Wirtschaft beginnt in Kreisläufen zu handeln und entwickelt immer mehr Produkte und Materialien, die dem Vorbild der Natur folgen. „Müll“, der normalerweise weggeworfen oder entsorgt werden muss, wird in den Kreislauf zurückgegeben und so zu einer Ressource für hochwertige Produkte.
Hier einige Beispiele: Stoffreste werden so verpresst, dass sie zu Stangenmaterial werden, das zu dekorativen Produkten verarbeitet werden kann. Veganes Leder aus Pilzen ist umweltverträglicher, biologisch abbaubar, günstiger und besitzt gleichzeitige ähnliche taktile Eigenschaften wie Leder aus Tierhäuten. Bei Experimenten mit der Glasherstellung aus Asche von verbrannten Knochen, die im Schlachthaus anfallen, und Abfall aus der Fensterglas-Fertigung, entdeckte Ella Einhell interessante Farbveränderungen. Denn während nach dem Verbrennen der Knochen industriell gezüchteter Rinder die Asche bei der Glasherstellung eine Grün-Färbung des Glases bewirkt, kommt es bei Verwendung der Knochenasche von Freiland-Rindern zu einer Blaufärbung. Ein spannender Effekt, der fast immer bei der Verwendung von Naturmaterialien zu erleben ist. So wird fast jedes Produkt zu einem Unikat.
Natur macht glücklich, das ist wissenschaftlich erwiesen. Deshalb wird es nicht nur in der Gastronomie, sondern auch zuhause grüner. Pflanzen, natürliche Materialen und handwerklich gefertigte Accessoires halten Einzug in den Essbereich und entfalten eine Atmosphäre von hyggeliger Gemütlichkeit. Warmes Licht, kleine Stehleuchten und der unperfekte Charme der trendigen, organisch geformten und mit natürlichen Dessins geprägten Teller laden zu einer entspannenden Auszeit ein. Am Tisch werden die Lebensgeister nicht nur mit gesundem Essen geweckt, sondern auch von dem guten Gefühl des unkomplizierten Picknick-Ambientes genährt. Biologische Lebensmittel, regionale Herkunft und der Verzicht auf Fleisch stehen immer öfter auf dem nachhaltig geprägten Speiseplan.
Denn gesunde Nahrungsmittel steigern nicht nur die persönliche Gesundheit, sondern unterstützen auch eine klimafreundliche Lebensweise. Diese Hinwendung zu einer besseren Verbindung mit der Natur verändern auch die Wohnwelten rund um die Küche und den gedeckten Tisch. Wo früher gebügelte Tischdecken, hauchzartes Porzellan oder filigrane Gläser die traditionelle Etikette gehobener Tischkultur verströmten, fällt jetzt schweres Leinen über fantasievoll gedeckte Tische, die mit massiver Keramik, frisch gepflückten Gräsern und erdig duftendem Ambiente zum unkonventionellen Entspannen einladen. Das darf sich dann anfühlen, wie heilsames Waldbaden zuhause.
Zuhause Arbeiten ist zum neuen Normal geworden. Um auch auf kleinem Raum effizient und ergonomisch arbeiten zu können, entstehen neue und praktische Lösungen fürs Home-Office. Denn in einer Arbeitswelt, die händeringend nach Mitarbeitern sucht, wird Motivation und Gesundheit immer wichtiger. Durch den demografischen Wandel verlassen in diesem Jahr zum ersten Mal mehr alte Menschen den Arbeitsmarkt, als Junge dazukommen. Immer öfter kommt es auch zu krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Über die Hälfte der Wissensarbeiter klagen über Rückenschmerzen. Das oft gepriesene „New Work“ muss also vielfältige Aufgaben erfüllen.
Dafür braucht es ein neues Mindset, dass die Vielfalt der beruflichen Tätigkeiten respektiert und ihnen Räume anbietet, die optimal für die anstehenden Tätigkeiten genutzt werden können. Denn Rückzug, konzentriertes Arbeiten oder ungestörte Gespräche brauchen ein anderes Umfeld als spontane Meetings, Pausen oder kreatives Co-Working. Deshalb öffnet sich der klassische Büro-Arbeitsplatz zunehmend hin zu anderen Orten, an denen Interaktion und Austausch stattfinden kann. So fangen zum Beispiel manche Hotels an, zukunftsweisende Co-Working Spaces zu etablieren, um ihre Attraktivität als Gastgeber zu erhöhen.
Text und Fotos: Uta Kurz Coaching Innovation (mail@uta-kurz.de)
Über die Frankfurter Messe "Ambiente": https://ambiente.messefrankfurt.com/frankfurt/de.html