Ärger mit der Sanitär-Politik
21. 1. 2022
Der zur japanischen Lixil-Gruppe gehörende deutsche Sanitärhersteller Grohe hat mit einer aktuell überarbeiteten Vertriebsstrategie die Angebote für die unterschiedlichen Marktsegmente neu strukturiert und damit das Fachhandwerk und den Fachgroßhandel in helle Aufruhr versetzt. Hintergrund ist das schon seit langem in der Sanitärbranche schwelende Misstrauen, die vornehmlich deutschen Sanitärmarken-Hersteller könnten mehr oder weniger „undercover“ das von den einschlägigen Verbänden streng gehütete eherne Gesetz des dreistufigen Vertriebswegs (Hersteller – Großhandel – Fachhandwerk) angesichts der enormen Verlockungen des Online- und DIY-Marktes unterlaufen.
Auch in der Vergangenheit gab es bereits zahlreiche Hersteller, die den direkten Weg zu Verbraucher bevorzugten, in traditionellen Fachkreisen wurden sie stets schief angesehen und gelegentlich auch schon einmal als Nestbeschmutzer getadelt. Bekanntestes Beispiel für diese Auseinandersetzungen ist schon seit Jahren der Online-Händler Reuter, der mit seinen ganz eigenen Preis- und Zielgruppen-Konzepten die eingeschworene Fachszene gründlich aufmischte.
Umso lauter der Aufschrei, als jetzt einer der marktführenden Markenhersteller mit dem Sortiment „Grohe QuickMix“ DIY- und Online affine Verbraucher dazu animierte, Armaturen und Zubehör offiziell auch bei Amazon, Hellweg, Skybad.de oder ähnlichen bestellen zu können. Nicht, dass sie das nicht schon seit langem tun. Denn ist es kein Geheimnis, dass jedermann bei Hornbach, Bauhaus & Co. Markenarmaturen zu günstigeren Preisen als im Richtlinien treuen Fachhandel (wo man als Privatmann sowieso keinen Zugang hatte) Markenarmaturen kaufen konnte.
Der Aufreger für die Hüter der Dreistufigkeit ist aber, dass einer der ihren ein Online-Sortiment mit Original-Produkten an den Start bringt, ohne sich die Mühe eine Zweitmarke zu machen. Jetzt also „GroheFix“ mit Armaturen-Sortimenten für Küche und Bad, die nicht nur Baumarkt konform verpackt sind, sondern in einer Verpackung geliefert werden, die neben der Einbauanleitung auch gleich noch das erforderliche Werkzeug enthält. Da war der Shitstorm der Traditionshüter vorprogrammiert und nötigte Alexander Zeeh, Geschäftsführer der Grohe Deutschland Vertriebs GmbH, zurück zu rudern. Ihn habe die harsche Reaktion der Branche ziemlich überrascht. In einem Internet-Video, das über den TV-Kanal „SHK TV News“ ausgestrahlt wurde, bedauerte er, dass es nicht gelungen sei, die Vorteile der neuen Strategie für das Fachhandwerk hinreichend zu erklären.
Er bedauert in seinem Statement, dass „insbesondere unser Kampagnen-Video falsche Signale in Richtung des Fachhandwerks gesendet hat“. Und dass es keinesfalls „unsere Absicht war, die Leistungen unserer Partner und Partnerinnen herabzuwürdigen“. Ob die von ihm vorgetragene Überraschung wirklich so groß war, kann man getrost in Frage stellen. Denn ein Unternehmen mit dem Markt-Potenzial wie eben Grohe war schließlich an dem bereits lange Jahre schwelenden Konfliktstoff Direktvertrieb vs. Fachhandel nicht unbeteiligt.
Vielmehr dürften die Hemeraner Armaturenbauer sehr bewusst ein Zeichen setzen wollen, um einen eigenen Weg aus den zähen Stammtisch-Diskussionen der letzten Jahre „Wie gehen wir mit dem Preis aggressiven Onlinehandel um“ zu gehen. Mit der japanischen Lixil-Gruppe, die allein im Bausektor einen Umsatz von 6.6 Mrd. Euro und 14 492 Mitarbeiter verwaltet, als Mutter im Rücken kann man es durchaus leisten, aus der Reihe zu tanzen, ohne sich allzu große Sorgen vor dem erwartbaren Shitstorm zu machen.
Denn soviel ist klar: Das Konzept ist nicht nur ausbaufähig und zukunftsträchtig, sondern längst überfällig. Dass die Branchen-Politikern sich auf einmal Sorgen um ihre Pfründe machen, war zu erwarten, gleichwohl dürfte es womöglich gar ein politisch motivierter Aufschrei sein. Denn im Grunde hat Grohe der Branche eher einen Gefallen getan und einen Weg aufgezeigt, der der sanitären Fachbranche zu einem verträglichen Miteinander Fachszene und DIY- und Online-Marketing verhilft. Denn nicht nur für Zeeh und sein Unternehmen ist und bleibt der Schulterschluss mit den SHK-Betrieben essenziell. Nur ist es eben nur einer von mehreren möglichen Markting-Strategien.
Vorsichtshalber ruderte Zeeh in einem Statement dann doch erst einmal zurück und bedauerte, dass „insbesondere unser Kampagnen-Video falsche Signale in Richtung des Fachhandwerks gesendet hat“. Man nehme die Kritik aus der SHK-Branche sehr ernst und wolle „die Kommunikation noch einmal kritisch zu prüfen“. Die große Mehrheit des Fachhandwerks dürfte diese Direktvertriebs-Initiative allerdings eher wenig stören. Denn sie haben reichlich zu tun angesichts der Berichte, wie lange man auf einen Termin mit einem Installateur warten muss.