Baugewerbe spürt erste Probleme
25.08.2022
Man wollte es einfach nicht wahrhaben: Während viele Branchen bereits unter dem Eindruck immer schwieriger werdender Rahmenbedingungen stöhnten, galt die Baukonjunktur scheinbar unbeirrt als Fels in der Brandung düsterer Konjunktur-Prognosen. Ein wackeres Volk von Bauwilligen sorgte mit rasant steigenden Baugenehmigungen dafür, dass die Menschen auf den Baustellen mit der Realisierung dieser Bauwünsche nicht mehr hinterherkamen. Und der von der Berliner Koalition geschmiedete Plan von jährlich 400 000 fertig gestellten Wohnungen schürte zusätzlich den schönen Traum von einer unerschütterlichen Baukonjunktur, der weder Pandemie noch politisches Desaster etwas anhaben konnte. Doch jetzt haben die Statistiker des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden die hochfliesenden Träume mit nüchternen Zahlen auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Dass angesichts der gestiegenen Zinsen oder auch der rasanten Dynamik der Inflationsrate manche Baupläne aufgegeben, zumindest aber zurückgestellt wurden, musste inzwischen auch das Baugewerbe spüren. So errechneten die Statistiker für den Juni 2022 einen realen Rückgang des Auftragseingangs im Bauhauptgewerbe von 5,5 Prozent zum Vormonat und sogar von 11,2 Prozent im Vergleich zum Juni 2021. Da scheint es ein schwacher Trost, dass der Auftragseingang gegenüber Juni 2021 nominal, also nicht preisbereinigt um 4,1 Prozent zugenommen haben, den rasant gestiegenen Baupreisen sei Dank. Gleiches gilt nach Feststellung des Bundesamtes für das gesamte 1. Halbjahr 2022: Real sanken die Auftragseingänge gegenüber dem Vorjahreszeitraum real um 3,5 Prozent, während sie nominal um 11,9 Prozent stiegen.
Im Juni 2022 wurde in Deutschland der Bau von 30 425 Wohnungen genehmigt, 4,5 Prozent bzw. 1 419 Baugenehmigungen weniger als im Juni 2021. Im 1. Halbjahr 2022 wurden 2,1 Prozent (= 185 772) weniger Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt als im Vorjahreszeitraum (1. Halbjahr 2021: 189 781 Baugenehmigungen). Gezählt wurden dabei sowohl die Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden. Auffallend ist, dass besonders der Wunsch nach Einfamilienhäusern deutlich nachgelassen hat: ‑17 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2021. (Quelle: Statistisches Bundesamt Wiesbaden)