Bundeskabinett entscheidet meisterlich
12.12.2019
Ob Fliesen-, Estrich- und Parkettleger, Betonsteinhersteller, Drechsler und Holzspielzeugmacher, Böttcher oder Orgelbauer: Sie und weitere fünf Handwerksberufe müssen zukünftig, wollen sie einen eigenen Betrieb gründen, einen Chef mit Meisterbrief haben. Das haben Bundeskabinett und Bundestag in seiner Sitzung am 12.12.2019 mit der Änderung der Handwerksordnung beschlossen. Die Zustimmung des Bundesrates steht noch aus.
Ziel sei es, die Qualität und die Qualifikation im Handwerk zu stärken und die Strukturentwicklung im Handwerk und dessen Zukunft nachhaltig zu sichern. Für 12 Berufe wurde die Meisterpflicht als Voraussetzung für eine Firmengründung beschlossen. Sie war 2004 abgeschafft worden mit der Begründung, auf diese Weise um Firmengründungen zu erleichtern. 53 Berufe waren damals davon betroffen, wobei sich die Pläne der Regierung keineswegs erfüllten. Im Gegenteil kam es vielfach zu Marktverzerrungen.
So groß auch bei den Rückkehrern jetzt die Begeisterung ist, die Entscheidung ist umstritten. Dies gilt insbesondere für die Aussage von Wirtschaftsminister Peter Altmaier, damit werde die Zustimmung zum Handwerk in der Bevölkerung wachsen: „Die Wiedereinführung der Meisterpflicht ist ein wichtiger Bestandteil meiner Mittelstandsstrategie. Die rund eine Million Betriebe des Handwerks sind eine tragende Säule des Mittelstands“, so Altmeier. Ob indes die Tragfähigkeit einer Säule nur mit Hilfe eines Meisterbriefes gesichert werden kann, ließ er allerdings offen.
So sind Kritiker sind hingegen der Auffassung, dass es eher negative Auswirkungen für die Kunden haben würde. (Noch) längere Wartezeiten auf den Handwerker und ein Anstieg der Preise befürchtet auch die Monopolkommission, das unabhängige Beratungsgremium der Bundesregierung. So warnte der Vorsitzende der Kommission, Achim Wambach, das Gesetz sei ein Schritt zurück. Was zudem die Europäische Kommission dazu sagen wird, bleibt abzuwarten. Sie hatte in der Vergangenheit stets angemahnt, dass Deutschland den Wettbewerb bei reglementierten Berufen verstärken solle.
Und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) befürchtet gar, dass die Meisterpflicht zu weniger Wettbewerb und höheren Preisen für die Verbraucher führen könnte. Kritisch hinterfragt wurde auch die Entscheidung, warum für nur 12 der 53 Berufe der Meisterbrief obligatorisch sei. So war es für den einen oder anderen Abgeordneten nicht ersichtlich, warum ausgerecht ein Cembalobauer eine Meister-Qualifikation haben müsse. Ein Trost immerhin für alle bestehenden nicht Meister geführten Handwerksbetriebe: Für sie gilt Bestandsschutz.
Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag in SKS Ausgabe 6.2019: https://steinkeramiksanitaer.de/assets/downloads/57741684/w7e3b0c152f32002d4e817c3157012fb/619-meister-intro.pdf