"Rettungsanker Modernisierungsmarkt?
Die deutsche Bauwirtschaft ist derzeit zweifellos in schwierige Fahrwasser geraten. Ein Minus von real ‑1,4 Prozent bei den Bauinvestitionen, ein Rückgang von ‑6,1 Prozent im Wohnungsneubau: Die Prognose der Marktforscher von Bauinfoconsult-für 2023 lässt eine Durststrecke für die Bauwirtschaft befürchten, die auch in den Folgejahren noch nicht ganz überstanden sein wird. Doch es scheint durchaus auch Chancen zu geben, wie deren neue Branchenstudie erkennen lässt.
Im zweiten Jahr des Ukrainekonflikts und weiterhin unter dem Eindruck einer hohen Inflationsrate ist die deutsche Wirtschaft und die Baubranche derzeit weiter mit einer schwierigen Situation konfrontiert. Das Bruttoinlandsprodukt stagnierte im zweiten Quartal 2023 und damit kommt die Wirtschaft weiter nicht in die Wachstumszone.
Das Konsumklima wird von der Inflationsbelastung gehemmt. Und die erhöhten Baupreise belasten die gesamte Baukonjunktur. Vor allem der Neubau ist in der Krise. Demgegenüber werden die Umsatzanteile von 600 befragten Bauakteuren zu großen Teilen von Aktivitäten in der Modernisierung und Sanierung dominiert. Selbst im eigentlich neubaulastigeren Bauhauptgewerbe ist angesichts der derzeitigen Neubauflaute eine zunehmende Rückbesinnung auf den Bestandsbau festzustellen.
Als Ausweg aus der Situation, die von Nachfragerückgang im Neubau aufgrund des allgegenwärtigen Kostenanstiegs geprägt ist, wird zunehmend auf den Modernisierungssektor gesetzt. Der Trend zu mehr Energieeffizienz wird dabei zunehmend auch im Geschosswohnbau beobachtet. Dennoch greift der Rettungsanker Modernisierung nur bedingt.
Denn wie die Autoren einräumen, treffen auch hier die Material- und Energiekosten die Betriebe hart. Auch Lieferengpässe werden offensichtlich nach wie vor als Problem empfunden, selbst wenn es nicht mehr wie zuvor im Vordergrund steht. Das häufig abstrakt wirkende Problem Fachkräftemangel betrifft aktuell 45 Prozent der befragten Bauakteure ganz konkret selbst, was bei drei Viertel der Betroffenen unvermeidlich zu Umsatzeinbußen führt.
Als wichtigsten Nachfragtrend haben die Marktforscher insbesondere Dämmung an Dach und Fassade ausgemacht. Dabei sei allen Nachhaltigkeitsdiskussionen zu Trotz vor allem das am Markt etablierte und daher immer noch vergleichsweise kostengünstige Dämmen mit kunststoffbasierten WDV-Systemen weiterhin führend. Umweltfreundliche Dämmmaterialien sind aber zumindest im Kommen. Das gilt auch für zahlreiche Materialtrends abseits der Dämmung. Im Heizungsbereich wird wohl weiter die Nachfrage nach der derzeit heiß diskutierten Wärmepumpe am deutlichsten spürbar sein. Aber auch das Bauherreninteresse am Thema Solarthermie wird hoch eingeschätzt.
In Sachen Neubau haben die Marktforscher wenig Neues zu vermelden. So folge dem Stagnationsjahr 2022 demnach aktuell erst einmal ein Verlustjahr für den Wohnungsneubau. Allerdings könnten nach dem Genehmigungsrückgang im Jahr 2023 im Folgejahr Nachholeffekte bei den Genehmigungen zu erwarten sein. Auf Gebäudeebene betrachtet, könnten sich die Fertigstellungen bei den (freilich zuvor auch weniger stark lädierten) Mehrfamilienhäusern schneller und weitreichender erholen als im Eigenheimsegment. Das vermutlich nur dann, wenn das anfangs mit viel Vorschusslorbeeren bedachte Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wirkungsvoller agiert. (Quelle: Bauinfoconsult)